Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem aktuellen Beschluss vom 16. Februar 2024 (Az.I-10 W 3/23, 10 W 3/23) wichtige Grundsätze zur Prüfung der Testierfähigkeit eines Erblassers festgelegt. Der Fall betrifft einen Streit um die Erteilung eines Erbscheins, bei dem die Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung eines notariellen Testaments in Frage steht.
Kernpunkte des Beschlusses:
- Vorlage von Krankenunterlagen: Das Gericht kann gemäß § 142 Abs. 1 S.1 Alt. 2 ZPO von einem Dritten, in diesem Fall einem Krankenhaus, die Vorlage von Krankenunterlagen zur Prüfung der Testierfähigkeit anfordern.
- Ärztliche Schweigepflicht nach dem Tod: Eine Entbindung von der Schweigepflicht durch Erben oder Angehörige ist nicht möglich, da die Schweigepflicht als höchstpersönliches Recht nicht vererblich ist.
- Mutmaßlicher Wille des Erblassers: Für die Frage, ob die ärztliche Schweigepflicht auch nach dem Tod des Patienten weiter besteht, ist der erklärte oder mutmaßliche Wille des Erblassers entscheidend. Dabei wird in der Regel davon ausgegangen, dass die Aufklärung von Zweifeln an der Testierfähigkeit im Interesse eines Erblassers liegt, der ein Testament errichtet hat. Im Einzelfall kann daher eine Entbindung von der Schweigepflicht angenommen werden, insbesondere dann, wenn es um die Prüfung der Testierfähigkeit geht.
Fazit:
Die Entscheidung des OLG Hamm unterstreicht die Bedeutung der gerichtlichen Aufklärungspflicht bei Streitigkeiten rund um die Testierfähigkeit und gibt klare Richtlinien für den Umgang mit der ärztlichen Schweigepflicht nach dem Tod eines Patienten. Sie dürfte in Zukunft als wichtiger Referenzpunkt für ähnliche Fälle dienen.